BEGEISTERUNGSFÄHIGKEIT

DAS ADHS-ABC

DAS ADHS ABC

ADHS und Begeisterungsfähigkeit – Meine persönliche Achterbahnfahrt

Als jemand, der seit 36 Jahren mit ADHS lebt, kenne ich die Höhen und Tiefen der Begeisterungsfähigkeit nur zu gut. Begeisterung ist für mich ein fester Bestandteil meines Lebens – sie kommt wie eine Welle, überflutet alles, und ich stürze mich mit voller Leidenschaft in neue Projekte, Hobbys oder Ideen. Diese Fähigkeit hat mir schon viel Glück gebracht, aber ehrlich gesagt, auch in ziemlich schwierige Situationen geführt. Sei es in Beziehungen oder in anderen Bereichen des täglichen Lebens. Ein sehr guter Freund nennt sie deswegen auch gerne die "Begeisterungskrankheit".

Hyperfokus und die Macht der Begeisterung

Eines der faszinierendsten Phänomene, die ich bei mir selbst beobachte, ist der Hyperfokus. Ein typisches ADHS Merkmal. Manchmal reicht ein kleiner Funke – sei es ein neues Hobby, eine interessante Idee oder ein spannendes Projekt – und schon befinde ich mich in einem Zustand des totalen Eintauchens. Es fühlt sich fast magisch an: Die Welt um mich herum verblasst, und ich kann mich stunden- oder tagelang intensiv mit dieser einen Sache beschäftigen. Diese Begeisterung gibt mir Energie, treibt mich an und lässt mich unglaubliche Dinge schaffen. Viele meiner besten Projekte und kreativsten Phasen entstanden genau in solchen Momenten.

Als Beispiel kann ich hier u.a. mein Gartenprojekt für die Messe Köln vorstellen

Ein besonders extremes Beispiel ist meine Phase der Begeisterung für das Gärtnern. Ich war völlig fasziniert von der Idee, meinen eigenen Garten zu gestalten, und habe innerhalb kürzester Zeit jede Menge Pflanzen, Werkzeuge und Gartenaccessoires gekauft. Zudem habe ich wahnsinnig viel körperliche Kraft und viel Zeit investiert. Doch im Gegensatz zu vielen anderen Hobbys ist das Gärtnern etwas, das mich auch langfristig nicht losgelassen hat. Obwohl ich desöfteren das Interesse an anderen Projekten verliere, hat sich die Begeisterung für das Gärtnern bei mir als beständig erwiesen. Ich finde immer wieder neue Aspekte daran, die mich faszinieren – ob es die Pflanzenpflege ist oder das Entdecken neuer Gestaltungsmöglichkeiten

Begeisterung als Kostenfalle

Doch so großartig diese intensive Begeisterungsfähigkeit auch sein kann, hat sie auch eine Kehrseite. Ich kann gar nicht zählen, wie oft ich mich schon in ein neues Hobby oder ein Projekt gestürzt habe – nur um nach wenigen Wochen das Interesse zu verlieren. Und dabei habe ich oft sehr viel Geld ausgegeben. Neue Ausrüstung, teure Kurse, Bücher – ich habe kein Problem, schnell viel zu investieren, wenn mich etwas begeistert. Das Problem? Nach der anfänglichen Euphorie verpufft das Ganze oft genauso schnell, wie es gekommen ist. Dann sitze ich da mit all dem Zeug, das mich plötzlich gar nicht mehr interessiert, und frage mich, wie ich mich nur so hineinsteigern konnte.

Chancen und Herausforderungen

Trotz dieser Stolpersteine habe ich auch gelernt, dass Begeisterung eine unglaubliche Kraftquelle sein kann, wenn ich es schaffe, sie zu kanalisieren. Meine Begeisterungsfähigkeit hat mich in die Lage versetzt, Projekte anzustoßen, die ich ohne diese Leidenschaft niemals begonnen hätte. Sie gibt mir die Energie und den Mut, mich in neue Themen zu stürzen und alles zu geben.

Doch gleichzeitig weiß ich, dass ich wachsam sein muss. Ich arbeite daran, meine Begeisterung besser zu kontrollieren und sie nicht immer sofort zum Anlass für große Ausgaben oder weitreichende Entscheidungen zu nehmen. Ich versuche, mir selbst mehr Zeit zu geben, bevor ich voll investiere, und genau zu beobachten, wie lange mein Interesse anhält.

Begeisterungsfähigkeit und ADHS – Ein ständiges Auf und Ab

ADHS und Begeisterungsfähigkeit sind für mich wie zwei Seiten einer Medaille. Auf der einen Seite erlebe ich intensive, glückliche Momente, in denen ich ganz in meiner Leidenschaft aufgehe. Auf der anderen Seite muss ich lernen, mit den Herausforderungen umzugehen, die diese ständige Suche nach dem Neuen mit sich bringt – insbesondere dann, wenn die Begeisterung nachlässt und mich die Realität wieder einholt.

Am Ende bleibt Begeisterungsfähigkeit eine Eigenschaft, die mich stark prägt – mit all ihren Höhen und Tiefen. Es ist ein Tanz zwischen Euphorie und Enttäuschung, aber einer, der mich immer wieder inspiriert und antreibt, Neues zu entdecken und zu schaffen. Und trotz mancher Rückschläge würde ich diese Eigenschaft nicht missen wollen – sie ist ein zentraler Teil dessen, wer ich bin.

Hier sind einige Tipps für einen gesunden Umgang mit Begeisterungsfähigkeit bei ADHS, die dir helfen können, die positive Energie besser zu nutzen und die Herausforderungen zu minimieren:

Selbstreflexion: Erkenne deine Muster

Beobachte bewusst, wie und wann du dich für etwas begeisterst, und reflektiere, welche Themen langfristig dein Interesse halten. So kannst du lernen, welche Art von Projekten oder Hobbys wirklich zu dir passen und bei welchen du dazu neigst, das Interesse schnell zu verlieren.

Setze dir kleine, erreichbare Ziele

   Statt direkt in die Vollen zu gehen, setze dir kleine, realistische Zwischenziele. Dies hilft dir, die anfängliche Begeisterung zu kanalisieren, ohne zu viel auf einmal zu investieren oder zu riskieren. So kannst du auch besser abschätzen, ob dein Interesse langfristig anhält.

Zeit- und Geldmanagement

   Gib dir selbst eine „Abkühlungsphase“, bevor du größere Ausgaben tätigst oder tief in ein neues Projekt eintauchst. Warte z. B. eine Woche, bevor du teure Materialien oder Ausrüstung kaufst. Das gibt dir Zeit, deine Begeisterung zu reflektieren und sicherzustellen, dass du langfristig motiviert bist.

Routine entwickeln

   Versuche, deine Begeisterung in eine langfristige Routine zu integrieren. Plane feste Zeiten ein, in denen du an deinem Projekt arbeitest. Dadurch lässt sich die anfängliche Euphorie in kontinuierliche Fortschritte umwandeln, und es verhindert, dass du dein Interesse zu schnell verlierst.

Das schaffe ich tatsächlich auch nur phasenweise; da ich freiberuflich arbeite, und mal sehr intensive und dann weniger intensiver Arbeitszeiten habe, fällt es mir schwer, feste Routinen einzuhalten bzw. sie zu etablieren.

Akzeptiere den Wandel

Es ist wichtig zu akzeptieren, dass dein Interesse manchmal schwanken wird. Anstatt frustriert zu sein, wenn die Begeisterung nachlässt, kannst du es als eine natürliche Phase sehen. Gib dir die Erlaubnis, auch mal ein Projekt ruhen zu lassen und es später wieder aufzugreifen.

Ich habe einige Projekte, die gerade ruhen und freue mich, wenn ich wieder die Muse habe, sie anzugehen.

Unterstützung suchen

  Teile deine Begeisterung mit anderen! Es kann hilfreich sein, dich mit Gleichgesinnten auszutauschen oder jemanden zu finden, der dir hilft, an deinen Projekten dranzubleiben. Gemeinsame Interessen verstärken oft die Motivation.

Da suche ich noch nach ;-)

Begrenze deine Projekte

  Auch wenn es verlockend ist, alles auf einmal zu machen, versuche, dich auf wenige Projekte oder Hobbys zu beschränken. Wenn du dich zu sehr verzettelst, verlierst du schnell den Überblick und die Begeisterung für einzelne Dinge.

Das ist wie mit Freunden - zu vielen kann man auch nicht gerecht werden

Mit diesen Tipps kannst du deine Begeisterungsfähigkeit vielleicht lernen, etwas besser zu steuern und aus ihr eine langfristige Stärke machen, ohne dich in zu vielen Projekten zu verlieren.

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